Leading through Change.

Fünf Trends, die HR, Management & Organisationsentwicklung 2026 prägen

Das Jahr 2025 ist geprägt von geopolitischen Spannungen und tiefgreifenden Veränderungen, auf die Organisationen zunehmend schneller reagieren müssen - wirtschaftlich, politisch und kulturell. 

Das Konzept ‘BANI’ erweitert die bisherige ‘VUCA-Welt’ (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) und beschreibt treffend die zunehmende Unbeständigkeit, der Organisationen und Menschen heute ausgesetzt sind: 

Brüchig (Brittle) - nicht mehr nur volatil, sondern eine Transformation, die die Grundfeste dessen erschüttert, was wir bisher kannten. 

Ängstlich (Anxious) - Verunsicherung und ein Gefühl der Ohnmacht, als Ergebnis gesteigerter Unsicherheit. 

Nicht-linear (non-linear) - Ursache und Wirkung sind nicht mehr klar voneinander zu trennen, Effekte von Entscheidungen treten teilweise erst mit großer Verzögerung auf. 

Unverständlich (incomprehensible) - die Komplexität der Ereignisse übersteigt das, was für den Menschen sofort nachvollziehbar und verständlich ist. 

Das zeigt: Die Erwartungen an Geschäftsführung und HR werden differenzierter, strategischer und zugleich menschenzentrierter. Ziel ist, Mitarbeitende so zu befähigen, dass sie in einer BANI-Welt selbstsicher navigieren und performen können.

Was sind also große “Trends” und Leitmotive, die 2025 und 2026 prägen, und auf die die Geschäftsführung, Personal- und Organisationsentwicklungsabteilungen vorbereitet sein sollten? Hier ist meine Einschätzung, basierend auf einer Vielzahl von Vorträgen des HR Inside Summits 2025, Gesprächen mit Kundinnen & Kollegen, sowie weiterer angeführter Quellen. 




1) Change is the only constant – Organisationen in permanentem Wandel

Als Reaktion auf die sich rasant verändernden geo-politischen Gegebenheiten, sowie die generell gestiegene Geschwindigkeit und Zyklen, implementieren Unternehmen zunehmend Change-Initativen, bis hin zu großen Organisationsentwicklungsprojekten. Veränderungen sollen oft so schnell wie möglich umgesetzt werden – doch Menschen passen ihre Fähigkeiten und Verhaltensweisen vergleichsweise langsam an, im Durchschnitt über sechs bis zwölf Monate. Wieviele Change-Initiativen sie in diesem Zeitraum umsetzen, können Sie dieser Zahl nun entgegenstellen, und sich die Frage stellen, ob die Belegschaft die Chance hat, dabei mitzukommen.

Das Risiko von schnellen Change-Zyklen ist, nicht ausreichend Stabilität geschaffen zu haben. Das kann zu Chaos führen; mangelnder Klarheit, und noch mehr Unsicherheit, was im schlimmsten Fall die Belegschaft ermüdet und ausbrennt. Die Kosten von unzureichend geplanten Change-Initiativen können also für den Fall von Unternehmensabgängen das 2–3-fache Jahresgehalt eines Angestellten betragen (inklusive Recruiting und erneutes Onboarding), zusätzlich zu den durch Burnout oder gestiegene Krankenstände verursachten Kosten. Es empfiehlt sich eine strategisch vorausschauende Planung, um die Organisationskultur und allen voran die Belegschaft vorzubereiten und mit den notwendigen Fähigkeiten auszustatten, auf Zeiten des schnellen Wandels zu reagieren und sich selbst zu regulieren.

Moderne Organisationsentwicklung setzt zunehmend auf den Aufbau lernender, agilstabiler und resilienter Organisationen – mit Fokus auf Kollaboration, Mut, Kundenzentrierung und eine transparente Fehlerkultur. Die HR bekommt in dem Prozess eine zunehmend strategische Rolle, nicht mehr nur in der Personaladministration, sondern an der Schnittstelle mit der Geschäftsführung und Organisationsentwicklung. 

Meine Handlungsempfehlungen:

  • Organisationsentwicklung parallel, strategisch und mittel-langfristig planen - nicht nur “schnelle” Change-Initiativen umsetzen.

  • Partizipation und Transparenz schafft Motivation: Reorg ist einer der größten Stressoren; nur ~43 % unterstützen Change-Initiativen - der Sinn und das Warum muss mehr aufgeklärt, und die Belegschaft und vor allem Führung in Veränderung miteingebunden werden.

  • Menschen und Kompetenzen entwickeln: L&D Realität in Unternehmen - die durchschnittlichen 0,5 Trainingstage/Jahr pro Person decken lediglich Compliance ab. Mehr auf Verhaltensweisen ansetzen, und die Belegschaft schulen, die notwendigen Skills wirklich aufzubauen und zu trainieren.

© Jacky Zoe

 
Die beste Vorbereitung auf die Zukunft ist nicht Kontrolle, sondern Haltung, sowie die Bereitschaft, zuzuhören, Unsicherheit auszuhalten und Vertrauen zu kultivieren.
— Désirée Jonek-Lustyk


2) Von Tools zu Transformation – AI in People & Culture

Ein zentraler Einflussfaktor, an dem kein Unternehmen mehr vorbeikommt, ist die Nutzung generativer KI und ihre tiefgreifende Wirkung auf die Arbeitswelt. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2030 92 Mio. Jobs verdrängt und gleichzeitig 170 Mio. neue Jobs geschaffen werden durch KI & Technologiewandel (World Economic Forum). Die Technologie ist so tiefgreifend, dass KI nicht nur als Tool, sondern als echter Transformationsprozess verstanden werden sollte. Entscheidend sind kritische KI-Kompetenz der Belegschaft, Governance und Fairness als Leitmotive zur Anwendung in Unternehmen. Viele Unternehmen setzen daher auf Upskilling der Belegschaft, und die Evaluierung neuer Geschäftspotenziale sowie Prozessveränderungen. Beide Bereiche fallen in die Zuständigkeit der Personal- und Organisationsentwicklung. Jedoch haben in Österreich laut einer McKinsey Studie 2025 bisher nur 20% der Unternehmen bereits eine KI-Strategie, die sie aktiv verfolgen. Etwa zwei von drei Unternehmen haben Schwierigkeiten, die benötigten Fähigkeiten in Zusammenhang mit KI zu definieren.

Wie KI aktuell in Personalabteilungen zum Einsatz kommt:

  • IBM Case (seit 2018): AskHR reduziert (Service) Anfragen an die HR, WatsonX aggregiert People-Daten für Beförderungen; es gelten klare Leitplanken: Fairness, Robustheit, Datenschutz, Erklärbarkeit, Transparenz. Dazu wird ein Betriebs- & Ethikrat früh eingebunden; Rahmenvereinbarung gibt es seit 2018.

  • Moderna verschmilzt die HR & IT Abteilung in ein ‘People & Digital Technology Team’ und nutzt somit KI als Organisationsentwicklungshebel; 3k maßgeschneiderte GPTs wurden entwickelt, um Prozesse für die Belegschaft zu automatisieren.


Meine Handlungsempfehlungen:

  • AI Governance & Strategie - Policy, Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten frühzeitig festlegen. Einbindung von Betriebsrat, Legal, IT, HR in ein Ethik-Board, um die verantwortungsvolle und kritische AI Nutzung im Unternehmen zu gewährleisten

  • Critical AI Literacy als Kompetenz in (Leadership) Schulungen definieren und integrieren. Zeitfenster für Lernen explizit einplanen.

  • Transparenz & Monitoring gewährleisten, insbesondere unter Anwendung von AI in High-Risk Anwendungen wie in Recruiting-Prozessen oder Leistungsbeurteilung: Bias-Checks, Explainability, Human-in-the-Loop.








3) Learning & Resilience in unsicheren Zeiten

Bezug nehmend auf die BANI-Welt und damit einhergehende schnelle Transformationszyklen bedarf es eine stärkere Menschen-Orientierung und Skills-Fokussierung, um die Belegschaft in dem Sprint nicht zu verlieren oder auszubrennen. 

Mitarbeiter Zufriedenheit & Bindung entstehen durch gezielte Development Journeys sowie die Fähigkeit, Unbehagen (Discomfort) konstruktiv zu managen. Letzteres wird in Unternehmen häufig als ‘Resilienz’ benannt und von Melissa Doman treffenderweise als “Discomfort Tolerance” spezifiziert. 

Schnelle Veränderungen und gesteigerter Druck lösen Unsicherheit und Ängste aus, die wiederum zu Konflikten in Teams und in der Zusammenarbeit führen. Resilienz bedeutet also nicht, einfach ‘durchzuhalten’, sondern bewusst und reflektiert mit Belastung umzugehen. Es geht um emotionale Selbst-Regulation in unausweichlichen, unangenehmen Situationen, die es heutzutage nunmal zu Haufe in Organisationen gibt (Konflikte, Feedback, Transformation…).

Hier ist es wichtig, Emotionale Kompetenz (oder Intelligenz, nach Goleman) als kritisches Business-Skill zu verstehen, und nicht als ‘nice to have’. Insbesondere Führungskräfte müssen mehr denn je in der Lage sein, Emotionen wahrzunehmen, zu verstehen, und auch zu regulieren - die eigenen, wie die des Teams. Investition in die Weiterbildung der Belegschaft wird also zum zunehmenden Erfolgsfaktor, um in der BANI-Welt selbstbewusst zu navigieren.



Meine Handlungsempfehlungen:

  • L&D Programme mit Kick-off + Follow-up Coachings / Formaten statt 2-3-Tagesblöcke.

  • Mentoring/Buddy Programme als Engagement-Hebel (Geben macht zufriedener).

  • Emotionale Intelligenz /Discomfort-Training als Pflichtbaustein in Leadership & Teamtrainings.

  • Wirkungsziele des Trainings vorab definieren und nachher messen: Nicht nur Outputs, sondern auch tatsächliche Veränderungen von Fähigkeiten und Verhaltensweisen. Dies spiegelt sich schließlich in Retention, eNPS, oder auch mental health KPIs positiv wider.






4) Inklusion als Motor für Innovation und psychologische Sicherheit

Hier geht es nicht um einen Trend - sondern eine Haltung, die bleibt. Unternehmen, die trotz (oder gerade wegen) US-Gegenwind und gestiegener Polemisierung und Polarisierung weiterhin auf inklusive Arbeitskulturen setzen, machen viel richtig. Eine inklusive Arbeitskultur schafft Zugehörigkeit und psychologische Sicherheit - und wird so zu einem echten Wettbewerbsvorteil und Bestandteil der kulturellen DNA. Diverse Studien der Big-5 Consulting Firmen belegen schon lange die positive wirtschaftliche Auswirkung von Diversität im Unternehmen, zuletzt die Studie der Österreichischen Nationalbank im Bezug auf gestiegene Renditen und Marktpotenziale bei einer höheren Female-Board-Ratio (Anteil Frauen im Aufsichtsrat). 

Auch im Punkt ESG & Compliance ist die Erhebung und Offenlegung bestimmter Daten notwendig: So legt etwa die EU-Lohntransparenzrichtline fest, dass Gehälter offengelegt und nach demografischen Daten aufgeschlüsselt den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden müssen - mit dem Ziel, den Gender Pay Gap in der EU zu verringern. Im Zuge der CSRD Richtlinie müssen auch Indikatoren wie die Board Zusammensetzung berichtet werden. Bei Nicht-Einhaltung drohen auch Sanktionen. 

Ein großer Motivator für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Vielfalt & Inklusion sollte jedoch der People-zentrierte Ansatz sein, sich zu einer ‘lernenden Organisation’ zu entwickeln: Organisationen, die ein Gefühl der Zugehörigkeit und Vertrauen aufbauen, vermitteln auch größere psychologische Sicherheit. Das wiederum sind essenzielle kulturelle Voraussetzungen, um auch längerfristige Unternehmens Transformationen & Reorgs erfolgreich zu meistern. 

Meine Handlungsempfehlungen: 

  • Evidenzbasiertes Diversity-Management: anstelle auf verschiedene Events- und Networkingformate, lieber auf eine gezielte Maßnahme setzen, Wirkung und KPIs planen und messen. 

  • ESG & Compliance: Daten frühzeitig erheben, auch qualitative Maßnamen wie Interviews können zusätzlich Haltungen sichtbar und aktionierbar machen.

  • Lebensphasenorientierte Kultur: Maßnahmen entlang der „Moments that matter“ im Employee Lifecycle anpassen (Eltern-Rückkehr, Care, Illness, Best Aging, Retirement). Ziele: Fluktuation runter, Zufriedenheit rauf, Krankenstände runter. (Bsp. RAG Österreich)






5) Führung neu denken – Host, Ally, Enabler

Wenn man die vorherigen Einflussfaktoren und Trends zusammennimmt, wird deutlich: Führung wird zum entscheidenden Hebel, um Organisationen durch Unsicherheit, technologische Transformation und kulturellen Wandel zu steuern. KI verändert Strukturen und Job Descriptions, psychologische Sicherheit wird zum Erfolgsfaktor für Engagement, und Inklusion bildet die Grundlage für innovative, lernende Organisationen. Daraus ergibt sich ein neues Anforderungsprofil an Führungskräfte - jenseits klassischer Managementkompetenzen.

In der BANI-Welt brauchen Führungskräfte vor allem eines: Emotionale Intelligenz – um mit Unsicherheit umzugehen, Vertrauen zu schaffen und Teams in stürmischen Zeiten zu stabilisieren. Emotionale Intelligenz ist kein „Soft Skill“ mehr, sondern eine Business-Kompetenz, die direkt auf Teamleistung, Retention und mentale Gesundheit wirkt.

Ebenso entscheidend ist eine inklusive Haltung. Führung bedeutet heute, Räume zu öffnen, in denen unterschiedliche Perspektiven gehört werden – und zugleich sicherzustellen, dass rechtliche und ethische Rahmenbedingungen eingehalten werden. Das erfordert Wissen über ESG- und Compliance-Themen (z. B. Pay Transparency, CSRD) sowie die Fähigkeit, als Ally zu agieren: sich aktiv für Chancengleichheit und Fairness einzusetzen.

Parallel dazu wächst der Bedarf an AI-Literacy – also dem Verständnis, wie KI-Systeme funktionieren, wo ihre Grenzen liegen und welche Verantwortung der Mensch im Zusammenspiel mit Technologie trägt. Führungskräfte müssen nicht selbst programmieren können, aber sie sollten die richtigen Fragen stellen: Wie beeinflusst diese Technologie Entscheidungen? Wer profitiert davon, wer wird ausgeschlossen?

Ein weiterer zentraler Baustein ist das Konzept des Host Leadership: Führung als Gastgeber:in. In diesem Verständnis ist Leadership weniger Anweisung als Moderation – es geht darum, den Raum zu gestalten, in dem andere wirksam werden können. Führung heißt, Stabilität zu geben, aber nicht Kontrolle auszuüben; Verantwortung zu teilen, statt Antworten vorzugeben. Das Ergebnis: mehr Engagement, Eigenverantwortung und Partizipation der Belegschaft - ich nehme mich selbst als Teil des Wandels wahr.

Zukunftsfähige Führungskräfte vereinen damit eine neue Art von Skill-Stack:

  • Emotional Intelligence & Discomfort Tolerance – Emotionen verstehen und regulieren, Konflikte konstruktiv managen.

  • Resilience & Psychological Safety – Kultur der Stabilität und Sicherheit fördern, auch bei hohem Tempo.

  • Inclusive & Ethical Leadership – rechtliche, ethische und kulturelle Verantwortung verstehen und vorleben.

  • AI-Literacy & Critical Thinking – Technologie einordnen, reflektieren und verantwortungsvoll einsetzen.

  • Facilitation & Host Leadership – Räume schaffen, in denen Innovation und Beteiligung möglich sind.


Führung in der BANI-Welt heißt, Menschen Orientierung zu geben, wenn Strukturen sich verändern. Es bedeutet, Sicherheit zu schaffen, wo Ungewissheit herrscht, und Räume für Mut, Vertrauen und gemeinsames Lernen zu öffnen. 2026 wird nicht über Tools, sondern über Haltung entschieden – über die Fähigkeit, Organisationen ganzheitlich zu führen: menschlich, technologisch und strategisch zugleich. HR, Leadership und Organisationsentwicklung werden dabei zu den wesentlichen Architekten dieses Wandels.

Quellen

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